OA Dr. med.univ. Peter Lercher:

Wann wird ein S-ICD, wann ein ICD implantiert?

Im Allgemeinen erfolgt die Einpflanzung eines ICD oder S-ICD bei Patienten nach einem überlebten plötzlichen Herztod oder vorbeugend bei Patienten mit einem deutlich erhöhten Risiko lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen.

Bis vor kurzem war es nur möglich, einen konventionellen Kardioverter-Defibrillator (ICD) einzusetzen, bei dem auch eine oder mehrere Sonden über eine Vene direkt in das Herz eingebracht werden. Im Langzeitverlauf ergeben sich bei diesem System jedoch gewisse Probleme wie Fehlfunktionen der Sonden durch die steten Belastungen oder schwerwiegende Infektionen an Sonden und Herzklappen.

Seit 2012 gibt es in Österreich den subkutanen ICD, der vor allem bei jungen und aktiven Menschen oder Patienten mit angeborenen Herzfehlern oder genetischen Herzerkrankungen eingesetzt wird.

 

Was spricht gegen die Implantation des S-ICD?

Da die Sonde des S-ICDs nur unter der Haut verläuft, ist eine Stimulation des Herzens nicht möglich. Der S-ICD ist daher für Patienten mit einer langsamen Herzfrequenz und der Notwendigkeit einer Schrittmacherstimulation nicht geeignet.

 

Wie läuft so eine Implantation des S-ICD ab?

Es wird in Herzhöhe auf der linken Seite des Brustkorbes ein Schnitt von etwa 6 cm gemacht und das Gerät in eine Tasche zwischen Unterhautbindegewebe und Muskulatur implantiert. Von hier wird eine Sonde direkt unter der Haut bis zum Brustbein und dann entlang des Brustbeines bis in Höhe der ersten bzw. zweiten Rippe eingebracht.

Dafür sind zwei zusätzliche kleine Schnitte am Unterrand des Brustbeines sowie in Höhe der ersten bzw. zweiten Rippe erforderlich. Der Vorteil besteht darin, dass die Sonde nur unter der Haut verläuft, Gefäße oder Herzklappen im Rahmen der Implantation dadurch nicht verletzt werden können und auch keine Infektionsgefahr des Herzens bzw. der Herzklappen besteht.

In letzterem Falle wäre eine große Herzoperation mit Eröffnung des Brustkorbes und Entfernung des ICDs inklusive der Sonde(n) vonnöten. Bei Infektion einer unter der Haut gelegenen Sonde eines S-ICD ist hingegen eine Lokalbehandlung zumeist ausreichend.

 

Ist das Gerät dann unter der Haut sicht- oder spürbar?

Der S-ICD ist ein wenig größer als der konventionelle ICD, da eine höhere Schockenergie abgegeben werden muss. Je nach Konstitution der Patienten ist er teils an der linken Flanke sichtbar und tritt bei sehr dünnen Patienten naturgemäß stärker zum Vorschein. Man hat aber nach der Einheilungsphase kaum spürbare Einschränkungen. Kosmetisch störend ist eher, vor allem für jungen Patienten bzw. Frauen, die etwa 5 cm lange Narbe im Bereich des Dekolleté beim konventionellen ICD.

Wie beeinflusst der S-ICD das Leben der Patienten?

Man kann mit dem Defi bis auf wenige Ausnahmen wie beispielsweise Elektroschweißen oder Aufenthalt in unmittelbarer Nähe großer Magnete praktisch alles tun und ist dadurch nicht beeinträchtigt. Fernsehen, die Benützung eines Mobiltelefons, die Verwendung einer Mikrowelle oder eine Reise mit einem Flugzeug können problemlos gemacht werden. Eine Therapieabgabe erfolgt nur bei lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen, er ist dann sozusagen eine zweite Lebensversicherung, der so zeitnah wirksam wird, wie es keine Rettung sein könnte.

 

Wie funktioniert der S-ICD?

Der Defi „überwacht“ quasi das Herz und gibt im Falle einer lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörung nach Hochladung der Kondensatoren mit einer Latenzzeit von wenigen Sekunden eine lebensrettende Schocktherapie ab. Die Energieabgabe ist dabei aus Sicherheitsgründen immer maximal.

 

OA Dr. med. univ. Günther Prenner:

Was unterscheidet den subkutanen ICD vom konventionellen ICD?

Der subkutane ICD wird komplett unter der Haut eingesetzt, hat also mit den Gefäßen keine Verbindung. Auch die Elektrode bzw. Sonde verläuft völlig subkutan, hingegen wird sie beim konventionellen ICD intravasal, das heißt ins venösen Gefäßsystem gelegt. Der subkutane Defibrillator (S-ICD) ist etwas größer, weil er eine Schockenergie von 80 Joule abgeben muss.

Da er aber links am Brustkorb platziert wird, entstehen im Gegensatz zu den herkömmlichen Systemen unmittelbar nach dem Einsetzen keinerlei Bewegungseinschränkungen im Schulterbereich.

Der subkutane ICD ist eine reine Schockbox, das bedeutet er hat keine Schrittmacherfunktion. Er kann nur für max. 30 Sekunden nach einer erfolgten Schockabgabe einen elektrischen Impuls abgeben, also das Herz nur kurzzeitig stimulieren. Im Gegensatz zu seinem konventionellen Bruder können schnelle Herzrhythmusstörungen - die Vorstufen von Kammerflimmern – mittels Überstimulation mit diesem System daher derzeit noch nicht behandelt werden.

 

Welche Nachteile resultieren jeweils daraus für die beiden ICDs?

Die Implantation des konventionellen ICD ist der bedeutend größere Eingriff mit deutlich mehr Strahlenbelastung und mehr möglichen Akut- und Spätkomplikationen wie Venenverschluss oder Anhaftungsstellen für Bakterien, die durch die Blutbahn einlangen und sich vor allem an Fremdkörpern einnisten. Solche Infektionen lassen sich eigentlich nur durch eine komplette Systementfernung beherrschen. Je länger die Elektroden im Gefäßsystem verweilen, desto mehr sind sie eingewachsen und die Entfernung, wenn auch unter Zuhilfenahme modernster Entfernungssysteme, kann sich sehr schwierig gestalten und mit ernsten Komplikationen einhergehen. Außerdem kann es durch die Dauerbelastung im Rahmen der normalen Schulterbewegung zu Elektrodenbrüchen kommen, was wiederum entweder das Einsetzen einer weiteren zusätzlichen Elektrode oder das Austauschen erfordert.

 

Welche Lebensdauer haben solche Geräte?

Von Seiten des Erzeugers werden 7,3 Jahre garantiert, es können aber wahrscheinlich in der Praxis eher 8 – 9 Jahre sein. Da jede Operation ein Infektionsrisiko birgt, ist es von immenser Bedeutung, dass diese Geräte eine sehr lange Haltbarkeit aufweisen.

 

Wie geht dann ein Austausch der ICDs vonstatten?

Bei einem Batteriewechsel wird das gesamte Gerät getauscht. Man entfernt die Narbe am linken Brustkorb, die Elektrode wird abgeschraubt und das neue Gerät angebracht und wieder eingesetzt, während die Sonde liegenbleiben kann. Dieser Vorgang dauert höchstens 20 Minuten.

 

Wie haben sich die S-ICDs seit 2012 entwickelt?

Die neue Generation des subkutanen ICDs ist zwar immer noch größer als die herkömmlichen ICDs, ist aber wesentlich dünner geworden, was zu einem deutlich besseren Patientenkomfort führt. Diese Größe ist notwendig, damit im Falle von Kammerflimmern eine adäquate Energiemenge das Herz auch erreicht.

 

Müssen diese Geräte auch gewartet werden?

In der Nachsorge werden die Patienten einen Monat, dann drei Monate und anschließend alle sechs Monate bis zu einem Jahr nach der Operation kontrolliert. Dabei werden mit einem Abfragekopf die Herzrhythmuserkennung, die Elektroden- und die Batteriewerte regelmäßig gemessen und auf Veränderungen überprüft.

In ein paar Monaten kann diese Abfrage dann auch per Telemedizin, wie bei den meisten konventionellen Defis, angeboten werden. Das heißt, der Patient bekommt ein Abfragegerät mit nach Hause und der S-ICD sendet täglich seine Daten über dieses Abfragegerät an die nachsorgende Institution.

Früher wurde bei der Implantation von Defis immer ein Herzkreislaufstillstand in Form von Kammerflimmern ausgelöst, um dessen Funktionstüchtigkeit zu überprüfen, jetzt wird das noch beim Einsetzen der S-ICDs empfohlen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis diese Austestung wieder wegfällt.