Welchen Vorteil bringen rtCGM-Systeme mit Alarmfunktion PatientInnen im Alltag?

Durch die Alarme ist ein proaktives Agieren bei Änderungen im Gewebszuckerverlauf möglich. Durch Trendpfeile kann somit der Patient rechtzeitig reagieren und so Exkursionen in den hypo- und hyperglykämischen Bereich vermeiden. Vor allem bei Jugendlichen und sportlichen PatientInnen hilft ein Real-Time-CGM-System, durch rechtzeitige Alarme drohende Über- und Unterzuckerungen zu verhindern. Hier sehe ich enormes Potenzial bei der langfristigen Verbesserung der Diabetes-Therapie.

Ist die Follow-Funktion technischer Schnick Schnack odere ein sinnvolles Tool?

Die Follow-Funktion ist besonders für pädiatrische PatientInnen ein Segen. So können Eltern den Gewebszuckerwert ihrer Kinder von jedem Ort der Welt aus kontrollieren. Das gibt nicht nur den Eltern, sondern auch den LehrerInnen und KindergartenbetreuerInnen enorme Sicherheit bei Therapieentscheidungen. Aber auch alleinstehende PatientInnen können von dieser Funktion profitieren. Auch erwachsenen PatientInnen mit einer langen Diabeteskarriere und Hypowahrnehmungsschwierigkeiten gewährt ein rtCGM-System mit diesem Feature ein enormes Plus an Sicherheit.

Viele rtCGM-Systeme müssen noch immer regelmäßig kalibiert werden. Warum?

Die Kalibrierung stellt die Messgenauigkeit sicher, welche maßgeblich zur Akzeptanz des eigesetzten rtCGM-Systems durch die PatientInnen beiträgt. Ebenso ist auch aus ärztlicher Sicht ein System mit sehr hoher Messgenauigkeit wünschenswert. Allerdings müssen rtCGM-Systeme der neuesten Generation durch verbesserte Algorithmen nicht mehr standardmäßig regelmäßig kalibriert werden, sondern nur dann, wenn der angezeigte Wert nicht den Erwartungen des Patienten entspricht. Grundsätzlich ist die Funktion der Kalibrierung ein Tool, das ich sehr begrüße.

Ist die Datenanalyse ein schwarzes Tuch für PatientInnen?

Die Analyse der erhobenen Daten ist nicht nur für den Patienten ein wichtiger Punkt. Auch für uns Mediziner bietet sie umfangreiche Möglichkeiten, zusammen mit dem Patienten effizient an einer Verbesserung der Therapie zu arbeiten. Allerdings müssen sowohl Arzt als auch PatientInnen mit diesen neuen Möglichkeiten erst lernen, zielgerichtet umzugehen.

Dafür ist es notwendig, einfache und logisch aufgebaute Softwarelösungen zur Verfügung zu haben, um auch kritische PatientInnen vom Mehrwert zu überzeugen und eine eventuelle Schwellenangst zu überwinden. Wenn wir es schaffen, mit Hilfe dieser Werkzeuge den Mehrwert für den Patienten in den Vordergrund zu stellen, haben wir in den Wartezimmern PatientInnen sitzen, die ein aktiver Teil von Therapieanpassungen sind und nicht mehr nur stumm eine Therapie einfach umsetzen. Ich denke, dass sich hier in puncto Compliance noch viel zum Positiven verändern wird.

Nochmals zu den Alarmen: Wann und wie warnt ein rtCGM-System?

Der Patient kann in Abstimmung mit einem Arzt einen Zielbereich festlegen. Wird dieser nach oben oder unten verlassen, bekommt der Patient einen Alarm und kann entsprechend reagieren. Durch eine sinnvolle Alarmwiederholung, die von der Insulinwirkdauer abhängig ist, vermeiden wir zu viele Alarme, gerade bei postprandialen Gewebszuckeranstiegen, und so eine verfrühte, erneute Abgabe von Bolusinsulin.

Ebenso können auch die Follower einen Alarm bekommen, der auch zeitverzögert gesendet werden kann. So kann beispielsweise die Mutter im Büro ihre Tochter im Ferienlager „monitoren“. Das trägt gerade bei pubertierenden Typ-1-DiabetikerInnen zu einer maßgeblichen Entspannung im Familienleben in einer ohnehin turbulenten Zeit im Leben bei.

MARD? Was ist das und warum ist sie so wichtig?

Der MARD-Wert gibt die durchschnittliche, absolute Abweichung des rtCGM-Wertes im Vergleich mit dem Blutzuckerwert wieder. Hier ist weniger eindeutig mehr: Je geringer der MARD-Wert, desto genauer misst das rtCGM-System. Gerade bei Systemen, die für Therapieentscheidungen zugelassen sind, empfehle ich auf diesen Wert zu achten. Eine hohe Messgenauigkeit ist von eklatanter Wichtigkeit für die PatientInnenzufriedenheit und liefert nicht zuletzt das Fundament für fundierte Therapieentscheidungen.

Werden rtCGM Systeme so ohne weiters von den Sozialversicherungsträgern übernommen?

Hier führt kein Weg an einem Krankenhaus, einer Diabetesambulanz oder einer Reha-Einrichtung vorbei. Bei Vorliegen einer entsprechenden Indikation, wie zum Beispiel einer Hypo-Wahrnehmungsstörung, werden rtCGM-Systeme von allen österreichischen Sozialversicherungsträgern übernommen. Ich empfehle den PatientInnen, sich hier mit dem behandelnden Arzt kurzzuschließen und die Sinnhaftigkeit eines CGM-Systems zu besprechen.

Fakt ist aber, dass sowohl PumpenpatientInnen als auch ICT-PatientInnen von der Verwendung eines rtCGMs profitieren. Das ist durch Studien belegt und setzt sich auch in der Praxis mehr und mehr durch.