Was bedeutet Sport und Bewegung für Ihr Leben, privat und beruflich?

Hermann Maier: Der Sport wurde mir in die Wiege gelegt, sozusagen. Meine Eltern waren Skilehrer, dadurch war mein Weg vorgezeichnet. Auch wenn ich lange darum kämpfen musste, um meinen Traum vom Olympiasieg, den ich als Achtjähriger hatte, in die Tat umzusetzen.

Dr. Gruber: Aus privater Sicht ist der Sport entspannender Ausgleich und erleichtert mir oft anstrengende Stunden im Operationssaal, die von Konzentration und statischer Beanspruchung des Bewegungsapparats geprägt sind. Als Sportorthopäde ist die Behandlung und Betreuung von Menschen in Bewegung der Mittelpunkt meines Berufes.

 

Wie halten Sie Ihre Knochen und Gelenke gesund?

Dr. Gruber: Ich versuche, mich dreimal pro Woche zu bewegen. Ob Mountainbiken, Boxen, Skifahren und Golfen: Regelmäßige Bewegung hält fit und gelenkig. Gesunde Ernährung ist sportartspezifisch zu sehen und muss auf die jeweils gesteckten Trainingsziele zugeschnitten werden. Wichtig ist hier die Leistungsdiagnostik: Anhand des Stoffwechsels können wir erkennen, wo Leistungspotentiale liegen. Den Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln für Gelenke und Knorpel halte ich nach Abklärung mit dem Arzt für sinnvoll.

Hermann Maier: Ich bin in der glücklichen Lage, dass mir meine Knochen und Gelenke eigentlich nie Probleme gemacht haben. Der Motorradunfall 2001 beeinflusst meinen Bewegungsapparat zwar, aber damit kann ich gut leben. Voraussetzung dafür ist, dass ich mich und meinen Körper in Schuss halte. Und da spielt regelmäßige Bewegung eine wichtige Rolle.

 

Wie spielen mentale und körperliche Fitness Ihrer Meinung nach zusammen?

Dr. Gruber: Das sind zwei voneinander nicht trennbare Einheiten. Der älteste Spruch dazu lautet mens sana in corpore sano - ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. Sport vermag, dass wir uns auch mental besser fühlen. Ein Effekt, der zum Beispiel ganz typisch auf das therapeutische Boxen zutrifft. Mehr Kondition, Kraft, Leistung. Man wird selbstsicherer und nicht so leicht aus der Bahn geworfen – im Alltag ganz wichtig!

Hermann Maier: Der körperliche Zustand ist sicherlich eine Frage der Einstellung. Als Sportler lernt man, seinen Körper und seine Fähigkeiten bewusst einzusetzen. Das muss natürlich gut durchdacht sein, sonst kann so eine Karriere schnell wieder vorbei sein. Manchmal gibt der Körper nämlich nicht das her, was sich der Kopf vorstellt, wie ich bei meinem Sturz in Nagano gemerkt habe.

 

Was ist ein gesundes Maß an Sport – nicht zu viel, nicht zu wenig? Wie ist dies am besten in den Alltag einzubauen?

Hermann Maier: Da gibt es kein Patentrezept. Was für den einen viel zu viel ist, reicht für einen anderen bei Weitem nicht. Ich denke, es ist vor allem wichtig, sich wohl zu fühlen, sich ein gewisses Maß an Fitness zu bewahren, mit dem man sein Leben gut meistern kann. 

Dr. Gruber: Lieber regelmäßig kleine Umfänge trainieren, als sich einmal im Monat völlig auszupowern. 4-mal pro Woche mindestens 30 Minuten im schnellen Schritt spazieren gehen. So entwickelt man eine stressfreie Routine. Trainingsziele werden so langsam ausgebaut. Oder jeden Tag die eigene Umwelt „zurück erobern“ und beispielsweise die Treppe anstatt des Lifts zu nehmen.

 

Wie motiviert man sich richtig zum Sport?

Hermann Maier: Da geht es in erster Linie um Lebensqualität. Je besser der Körper funktioniert, desto leichter fällt es einem, Herausforderungen zu meistern. Vergessen wir jedoch nicht die Freude an der Bewegung, wie zum Beispiel eine tolle Pulverschneeabfahrt nach einem anstrengenden Aufstieg.

Dr. Gruber: Man muss seinen Tag ohnehin mittels Kalender planen, warum nicht 10 Kniebeugen oder 100 Stufen steigen als Termin eintragen? Sport betreiben bedeutet aber auch, sich mit voller Aufmerksamkeit und bewusst zu bewegen. Sich deutlich vor Augen halten, warum man sich bewegt: etwa um einen Marathon zu laufen, abzunehmen, sich besser zu fühlen oder bis ins hohe Alter fit zu bleiben. 

 

Was raten Sie einem etwa 35 Jahre alten Menschen, der heute mit Sport anfangen möchte? Wie könnte ein Trainingsplan aussehen?

Hermann Maier: Das hängt ganz von seinem Zustand ab. Da etwas zu raten, das auf alle zutrifft, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wichtig ist, dass man sich Ziele setzt, die man Schritt für Schritt erreicht. 

Dr. Gruber: Aller Anfang ist leicht: Zu empfehlen ist eine ausführliche medizinische Basis-Untersuchung, bei welcher der Gesundheitsstatus festgestellt wird. Danach wird gemeinsam eine Sportart ausgesucht, die Spaß macht und zu diesem Menschen passt. Den Sport mit einem Trainer zu beginnen ist wichtig, damit sich keine falschen Bewegungsabläufe einschleichen, die später die Gelenke belasten. Und das Wichtigste bei der Bewegung: nicht gleich verzagen, denn „Rome wasn´t built in a day“…