Ich bin seit 1984 im Club der Typ-1-Diabetiker. Seit damals hat sich enorm viel getan. Damals wurden neu manifestierte Typ-1-Diabetiker nach einem fixen Ess-Spritz-Schema eingestellt. Dieses Schema gab fixe Essenszeiten vor und man konnte nur sehr schwer kurzfristig auf sich ändernde persönliche Bedürfnisse reagieren. Damals wurde bei mir auch noch Mischinsulin verwendet – schon allein das zeigt, wie sehr sich die Therapie des Diabetes mellitus Typ 1 in den letzten 33 Jahren verändert hat.

Technische Entwicklungen

Moderne Insuline und Insulinpumpen, teilweise mit integrierter CGM Sensortechnik, bieten heute technische Möglichkeiten, die im Jahre 1984 höchstens in Science-Fiction-Filmen glaubwürdig gewesen wären. Die Forschung und Entwicklung von Heilbehelfen schreitet mit großen Schritten Richtung „Closed-Loop“. PatientInnen tragen modernste Sensortechnologie, die die konventionelle Blutzuckermessung über kurz oder lang genauso ablösen wird, wie die Blutzuckermessung die Messung von Zucker im Urin mittels Ketonstreifen abgelöst hat.

Es gibt aber Dinge, die haben sich bis heute nicht geändert: Zum einen ist das das große schwarze Loch, in das Eltern von neu manifestierten Kindern bei der Diagnose fallen. Plötzlich hat man ein „krankes“ Kind, dessen Leben von einem Medikament abhängt, dessen Dosierung ein sich ständig ändernder Prozess ist. Zuviel Insulin kann einen Menschen umbringen – zu wenig aber auch. Wie immer macht auch hier die Dosis das Gift.

Geforderte Eltern

Eltern müssen in kürzester Zeit eine völlig neue Sprache lernen. Sie müssen Kohlenhydrate zählen, Boli berechnen, aktives Insulin berücksichtigen, körperliche Aktivitäten in die Überlegungen mit einplanen und vieles, vieles mehr. Ich selbst habe erst Jahrzehnte später von meinen Eltern erfahren, welche ungeheure Belastung das damals für sie war. Zum Glück bekommt man das als Kind nicht in vollem Umfang mit. Deswegen gilt mein höchster Respekt den Eltern von Diabetes-Kids.

Heute kann man sich auf sozialen Netzwerken mit Leidensgenossen austauschen, konkrete Fragen stellen und sich über neue Therapieansätze informieren. Und das Wichtigste: Durch das Internet kann die erste, schwere Phase nach der Manifestation durch den Austausch mit anderen Betroffenen wesentlich vereinfacht werden.

Vorausschauende Möglichkeiten

Menschen mit Diabetes haben alle Möglichkeiten, die man auch als Nicht-Diabetiker hat. Die Manifestation eines Diabetes im Jahr 2017 heißt aber auch unweigerlich, sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen. Insulinpumpen und Sensorsysteme ermöglichen es heute, kurzfristig auf sich ändernde persönliche Bedürfnisse zu reagieren. Basalraten können temporär gesenkt oder erhöht werden und moderne Sensoren ermöglichen es heute mit Hilfe von Trendpfeilen, „in die Zukunft“ zu schauen, wohin sich der Gewebs- bzw. Blutzucker entwickeln wird.

Stellt die konventionelle Blutzuckermessung immer nur eine Momentaufnahme dar, kann man bei Sensorsystemen mit Hilfe des Verlaufes über die letzten Stunden, des aktuellen Wertes und des Trends genau abwägen, wie hoch oder tief der Gewebe- bzw. Blutzucker werden wird, wenn man jetzt nicht adäquat agiert.

Stete Aktivitäten

Gerade bei körperlicher Aktivität oder Sport ist das ein Segen. Aber eines vorweg: Ganz egal, ob Sie Leistungs,- Breiten,- oder Gelegenheitssportler sind, von dieser Technologie kann jeder Diabetiker enorm profitieren. Deswegen spreche ich in diesem Zusammenhang lieber von „körperlicher Aktivität“ als von „Sport“. Ganz einfach deswegen, weil viele Personen beim Wort „Sport“ mit einer gewissen Abneigung reagieren. Und weil ich, seit ich denken kann, den Typ 1 Rucksack zu tragen habe, habe ich immer versucht, trotzdem ein „normales“ Leben zu führen.

Irgendwann habe ich dann einmal gehört: „Das kannst Du nicht – du bist ja Diabetiker!“ Das war eine Aussage, mit der ich nichts anfangen konnte. Diese Aussage war für mich als 9-Jährigen damals unverständlich und ist aus heutiger Sicht einfach nur idiotisch. Damals ging es um die Teilnahme an einem 5-km-Cross-Country-Lauf im Rahmen des Turnunterrichts. „Warum sollte ich das nicht können?“, dachte ich mir. Das war der Tag, der mein Leben nachträglich verändert hatte. Ich habe zu laufen begonnen. Nicht 1 km und auch nicht 5 km.

Ich bin solange gelaufen, solange es mir Spaß gemacht hat. Es ist nämlich völlig irrelevant, wie viele Kilometer man in welcher Zeit läuft. Lauf einfach! Beweg dich, führe ein aktives Leben und lasse die Ausrede Diabetes nicht zu.

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